Nachhaltiges bauen mit QNG-Siegel

Nachhaltig besiegelt: Umweltfreundliche Häuser

Neubauförderung vom Staat bekommen nur noch nachhaltige Einfamilienhäuser mit QNG-Siegel. Wie man ein solches erhält, erfahren Sie hier.

Nach dem Stopp im Januar und einer monatelangen Pause ist die Förderung neu gebauter Einfamilienhäuser im April wieder neu gestartet. Gefördert werden seitdem nur noch sogenannte Effizienzhäuser 40 mit Nachhaltigkeitsklasse. Das heißt, um einen Kredit mit einem Tilgungszuschuss von bis zu 6.000 Euro von der KfW zu erhalten, müssen Neubauten seitdem nicht mehr nur energiesparend, sondern auch nachhaltig gebaut sein. Und sie müssen das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) erhalten. Dieses Zertifikat für nachhaltiges Bauen erhält ein Haus, wenn es 17 vom Bund festgelegte Qualitätskriterien erfüllt.

Ausgestellt wird das Zertifikat für Einfamilienhäuser derzeit von zwei Anbietern: der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und dem Bau-Institut für Ressourceneffizientes und Nachhaltiges Bauen (BIRN). Diese bieten jeweils eigene Zertifizierungen für nachhaltige Gebäude an – darunter die DGNB-Auszeichnungen in Silber, Gold und Platin oder das BNK-Zertifikat. Erreichen die Häuser diese Siegel, erhalten sie auch das QNG.

Die Kosten für ein Nachhaltigkeitssiegel für ein Einfamilienhaus liegen bei 595 Euro für das BNK-Zertifikat und zwischen 750 und 1.000 Euro für eine DGNB-Auszeichnung. Hinzu kommen Kosten für einen ausgebildeten Auditor. Diese Kosten bezuschusst die KfW jedoch ebenfalls mit bis zu 5.000 Euro.

Nachhaltiges bauen dank QNG-Siegel

Früher lag der staatlichen Eigenheim-Neubauförderung vor allem der Energieverbrauch zugrunde, heute entscheidet die Nachhaltigkeit neuer Gebäude.

QNG Siegel staatliche Neubaufoerderung
Das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) ist Voraussetzung für eine staatliche Förderung. (Foto: DGNB, BIRN)

Das QNG ist ein staatliches Qualitätssiegel für Gebäude. Voraussetzung für die Vergabe ist, dass ein Neubau sogenannte „allgemeine“ und „besondere“ Anforderungen in den Bereichen Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle Qualität sowie Planungs- und Bauprozess erfüllt. Grundsätzlich gilt es, diese Kriterien beim Neubau in Balance zu bringen. Das Haus muss bei den „allgemeinen“ Anforderungen nicht alle Kriterien zu 100 Prozent erfüllen, bei den „besonderen“ Anforderungen hingegen gibt es explizite Grenzen, die verpflichtend eingehalten werden müssen.

QNG Siegel nachhaltiges bauen
Ein QNG gibt es mit der DGNB-Auszeichnung in Gold, aber auch mit denen in Silber und Platin. (Foto: DGNB)

Nachhaltiges bauen: Die 17 Kriterien des QNG

Besondere und somit verpflichtende Anforderungen

Ressourceninanspruchnahme und Wirkungen auf die globale Umwelt: Schonung natürlicher Ressourcen und Begrenzung negativer Wirkungen auf die Umwelt. Im Lebenszyklus des Hauses dürfen die Treibhausgasemissionen maximal 28 kg CO2 pro Quadratmeter im Jahr betragen. Und der Primärenergiebedarf aus nicht erneuerbaren Energien darf maximal 96 kWh pro Quadratmeter im Jahr ausmachen.

Nachhaltige Beschaffung: Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards in den Lieferketten, Einhaltung von Menschenrechten, des Arbeits- und Umweltschutzes sowie Schonung natürlicher Ressourcen. Mindestens 50 Prozent der verbauten Hölzer, Holzprodukte und Holzwerkstoffe müssen nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen.

Risiken für Gesundheit und Umwelt: Ausschließen oder Begrenzen von schadstoffhaltigen Baumaterialien. Der Bauherr muss die bauausführenden Firmen vertraglich dazu verpflichten.

QNG Siegel nachhaltiges bauen BNK Zertifikat
Auch mit einem BNK-Zertifikat erhält ein Haus ein QNG. (Foto: DGNB)

Allgemeine Anforderungen

Barrierefreiheit: Gewährleistung einer unabhängigen Lebensführung und der vollen Teilhabe in allen Lebensbereichen für Menschen mit Einschränkungen

Erfüllung von Nutzeranforderungen: Sicherstellung einer hohen Nutzerzufriedenheit

Thermischer Komfort: Schutz vor Hitze im Sommer

Visueller Komfort: Versorgung mit Tages- und Kunstlicht sowie Sichtbeziehungen nach außen

Schallschutz: Schutz vor Schall, Sicherung von Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Privatheit und Vertraulichkeit

Flächeninanspruchnahme: Reduzierung des Flächenverbrauchs, Vermeidung der Zersiedelung der Landschaft, Geringhaltung zusätzlicher Bodenversiegelung

Trinkwasserbedarf in der Nutzungsphase: Schonung natürlicher Ressourcen

Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit: langlebiges und anpassbares Bauwerk

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Anpassbarkeit an sich ändernde Nutzerbedürfnisse und Nutzungsbedingungen, Vermiet- oder Vermarktbarkeit soll aufrechterhalten werden

Schaffung von Voraussetzungen für Bewirtschaftung: optimale Nutzung und Bewirtschaftung, etwa mithilfe eines Wartungs- und Instandhaltungsplans

Flächeneffizienz: Bewertung der Qualität der Grundrisslösung, effiziente Nutzung bebauter Flächen

Lebenszykluskosten: Wirtschaftlicher Umgang mit finanziellen Ressourcen

Qualität der Projektvorbereitung: Ermittlung der Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern

Qualitätskontrolle der Bauausführung: Erreichen von Planungszielen und Feststellung der Mangelfreiheit des Gebäudes

Nachhaltiges bauen lohnt sich sogar ohne Förderung

Um eine Förderung zu erhalten, müssen Einfamilienhäuser seit April als nachhaltig zertifiziert werden. Dies übernimmt unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Wir haben mit Geschäftsführer Johannes Kreißig darüber gesprochen, was es mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) auf sich hat.

QNG Siegel staatliche Neubaufoerderung Johannes Kreißig
Johannes Kreißig, Geschäftsführer der DGNB. (Foto: DGNB)

msz: Seit 21. April werden neu gebaute Einfamilienhäuser nur noch als Effizienzhaus 40 Nachhaltigkeit (EH 40 NH) gefördert. Die anderen, teils sehr beliebten Effizienzhausstufen erhalten seitdem keine staatliche Förderung mehr. Halten Sie das für richtig?

Johannes Kreißig (JK): Ganz klar, das halte ich für eindeutig richtig. Insbesondere die Förderung des Effizienzhauses 55 hatte keinerlei Lenkungswirkung. Denn in einem schlechteren Standard hat gerade im Bereich der Wohnungswirtschaft ohnehin fast kaum jemand mehr gebaut. Im Grunde war die Förderung des EH 55 ein Baukostenzuschuss und keine zukunftsweisende Förderung. Doch bei Effizienzhäusern ohne Nachhaltigkeitszertifikat wird ein relevanter Teil ausgeklammert: der ökologische Fußabdruck, der bei der Herstellung der Baumaterialien, einer etwaigen Entsorgung und durch den Nutzerstrom entsteht. Beim EH 40 NH wird ein umfassenderer Rahmen, nämlich der Lebenszyklus des Gebäudes, betrachtet. Dass man in diesem Zusammenhang noch ein paar zusätzliche Anforderungen mit reinpackt, halte ich auch für richtig. So etwa, dass das verbaute Holz zum Großteil aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen soll.

msz: Gerade angesichts permanent steigender Baupreise und seit Neuestem auch der Zinsen hätten sich viele Bauinteressierte aber sicher über mehr finanzielle Unterstützung gefreut.

JK: Hier stellt sich die Frage, wozu eine Förderung gedacht ist. Wenn Familien unterstützt werden sollen, die es sich sonst nicht leisten könnten, ein Haus zu bauen, dann muss die Förderung auch für diese Familien gestaltet sein. Wenn die Förderung aber eine Lenkungswirkung auf den CO2-Ausstoß und die Energieeffizienz haben soll, dann muss sie daraufhin ausgelegt sein und muss Besseres fördern als den Standard.

Die Nachfrage hat deutlich angezogen

msz: Wie viel Prozent hat die NH-Klasse denn bis vorigen April am Gesamtumfang der geförderten Häuser ausgemacht? Spüren Sie als Zertifizierungsstelle nun eine stärkere Nachfrage?

JK: Das waren nur etwa zwei bis drei Prozent der Förderanträge, die bei der KfW eingegangen sind, denn die Erneuerbare-Energien-Klasse, die noch bis April mit der gleichen Summe gefördert wurde, war viel einfacher zu erreichen. Seit April hat die Nachfrage aber deutlich angezogen. Seitdem gibt es viel mehr Anmeldungen zur Zertifizierung.

msz: Wie genau gehen Bauinteressierte vor, wenn sie die NH-Klasse für ihr Haus beantragen und nachweisen möchten?

JK: Die Förderung für ein EH 40 NH muss vor Vorhabensbeginn mit einem Energieberater bei der KfW beantragt werden. Ein Auditor – das kann der Energieberater, ein Architekt oder auch ein Haushersteller sein – begleitet den Prozess dann wahrend der Planungs- und Bauphase. Das Nachhaltigkeitssiegel erhält das Haus nach Fertigstellung.

msz: Die Kriterien, nach denen ein EH 40 NH das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) erhält, umfassen 17 Punkte. Die Neubauten sollen beispielsweise recyclingfreundlich und flexibel an die Bedürfnisse der Bewohner anpassbar sein, sie sollen wenig Fläche verbrauchen, aus schadstoffarmen Materialien gebaut sein und viel Tageslicht und Schallschutz bieten. Wie aufwendig ist es, diese und die anderen elf Kriterien zu erfüllen? Ist dies für einen privaten Bauherren überhaupt zu bewältigen?

JK: Ein privater Bauherr muss die Anforderungen ja nicht selbst im Blick behalten. Der Auditor oder Architekt, der das Bauprojekt begleitet, kümmert sich darum. Bei ganz vielen Punkten handelt es sich um Standardleistungen, deren Dokumentation im Honorar für den Architekten oder im Kaufpreis ohnehin enthalten ist. So etwa der Test auf Luftdichtigkeit bei einem Fertighaus.

msz: Welches sind die wichtigsten Merkmale, die ein EH 40 NH aufweisen muss? Können Sie ein prototypisches EH 40 NH beschreiben?

JK: In jedem Fall brauche ich ein zukunftsweisendes Energiekonzept. Am besten kommt so wenig fossile Energie wie möglich zum Einsatz und es wird eigener Strom auf den Dachflächen erzeugt. Eventuell macht auch ein Batteriespeicher Sinn. Meist wird in einem entsprechenden Haus eine Wärmepumpe eingesetzt. Ganz wichtig ist, dass es eine exzellente Gebäudehülle hat, wie es bei einem Effizienzhaus 40 ja ohnehin der Fall ist.

Eigene Stromerzeugung wird immer wichtiger

msz: Zwingend vorgeschrieben sind diese Bestandteile aber nicht? Wenn ich einen bestimmten CO2-Fußabdruck über den Lebenszyklus auch auf eine andere Weise erreiche, ist auch das möglich?

JK: Ja, wenn ich etwa ein Haus aus Holz baue, verursacht die Konstruktion weniger CO2-Emissionen als bei einem Massivhaus. Das heißt, ein Holzbau erreicht auch ohne PV-Anlage schon sehr gute Werte. Dennoch ist es sinnvoll, auch einen Holzbau mit einer solchen Anlage zu kombinieren. Das Thema der eigenen Stromerzeugung wird in Zukunft immer wichtiger werden.

msz: Wie hoch schätzen Sie die Mehrkosten ein, die notwendig sind, um etwa von einem Effizienzhaus 40 auf ein Effizienzhaus 40 NH zu kommen? Reichen die maximal 6.000 Euro Zuschuss dafür aus?

JK: Grundsätzlich hat ein EH 40 NH keine höheren Baukosten als ein Haus ohne Nachhaltigkeitszertifizierung. Denn schadstofffreie Produkte sind nicht teurer als schadstoffhaltige, wenn man sie rechtzeitig beauftragt. Auch beim Holz gibt es keine relevanten Preisunterschiede.

Bestimmte Häuser sind schon vorzertifiziert

msz: Hinzu kommen aber weitere Kosten für die Baubegleitung durch einen Energieeffizienzexperten und die Zertifizierung. Welche Summe muss man hierfür einkalkulieren?

JK: Die Zertifizierungsgebühren selbst liegen für ein Ein- oder Zweifamilienhaus zwischen 750 Euro bis 1.000 Euro, die Beratung durch den Auditor ist umfassender als eine Energieberatung, wobei die Kosten für beide von der KfW zu 50 Prozent bezuschusst werden. Es gibt aber auch die Möglichkeit, ein serienzertifiziertes Haus zu bauen. Häuser bestimmter Ausbaustufen von Herstellern wie Allkauf, Bien-Zenker, Hanse Haus, Huf Haus, Living Haus, Massa Haus oder Okal sind bereits vorzertifiziert, das heißt die Hersteller kaufen beispielsweise nur noch passendes Material ein und gewährleisten planungsseitig Themen wie Barrierefreiheit oder gute Tageslichtverfügbarkeit. Die Hersteller haben da natürlich Skalierungseffekte und verlangen meist auch keine extra Kosten für die Zertifizierung. Andere Haushersteller bereiten dies auch schon vor.

msz: Was würden Sie Bauinteressierten raten? Lohnt es sich, ein EH 40 NH zu bauen?

JK: Ja klar. Ich würde es sogar ganz unabhängig von der Förderung bauen. Denn wir müssen ja schauen, was die zukünftigen Anforderungen an unseren Gebäudebestand sind. Wenn wir 2045 als Gesellschaft klimaneutral sein wollen, können wir heute nicht Häuser mit einer Lebensdauer von 50 Jahren bauen, die nicht klimaneutral sind.

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