Bauen mit Glas = Wohnen mit Weitsicht
Aussicht ist nicht alles – es geht auch um Licht. Glas lässt es ins Haus. Je größer die Fenster sind, umso mehr gesundes Tageslicht kommt herein. Auch innen sorgt Glas für Durchblick – und für Helligkeit bis in den letzten Winkel. Ein Haus mit viel Glas schenkt den Bewohnern also sowohl schöne Ausblicke als auch gute Durchblicke.
Glas als Baustoff
Glas ist ein idealer Werkstoff. Von der haushohen Panoramaverglasung über Flachdachfenster bis zur Glastrennwand im Duschbad sorgt er für Licht, Sicht und Durchblick. Moderne Häuser mit viel Glas ermöglichen heute sogar ein Leben komplett ohne Wände aus Holz, Stein oder Beton, wie unser Titelfoto beweist. Das beeindruckende Gebäude mit der Glasfassade ist das Wohnhaus von Werner Sobek in Stuttgart. Innovative Bautechnik besorgt die nötige Statik und ausgefeilte Verglasungstechnik Sicherheit und Dämmung.
So groß wie heute waren die berühmten „Augen eines Hauses“ noch nie. Und so gut wie heute ließ sich Tageslicht noch nie bis in den hintersten Winkel eines Hauses bringen. Die ältesten Fenster in Europa stammen aus der Zeit um 1000 n. Chr. Auch ihre Aufgabe war schon, Licht hereinzulassen. Heute sind Fenster und ihr Glas Hightech-Produkte, die noch eine Vielzahl zusätzlicher Aufgaben übernehmen. Bei der Versorgung unserer Wohnflächen mit Tageslicht geht es um weitaus mehr als nur gutes Sehen: Reichlich Tageslicht ist wichtiger Bestandteil von Wohngesundheit. Auch seine Auswirkung auf die menschliche Psyche und der Zusammenhang mit zahlreichen ihrer Störungen ist mittlerweile gut erforscht. Phänomene wie Winterdepression, chronische Müdigkeit sowie Schlafstörungen oder Kopfschmerzen werden mittlerweile auf Mangel an Sonnenlicht bei den biochemischen Prozessen in unserem Körper zurückgeführt.
Leider lebt der zivilisierte Mensch, dessen Organismus eigentlich für ein Leben im Freien geschaffen ist, heute überwiegend in geschlossenen Räumen. Und dort sieht es mit der Lichtausbeute oft düster aus: Die in den Bauordnungen der Länder festgelegten Mindest-Fensterflächen pro Raum werden den biologischen Anforderungen kaum gerecht. Zumal sie äußere lokale Gegebenheiten wie die Ausrichtung zur Sonne und Verschattung durch Bäume oder Nachbargebäude nicht berücksichtigen.
Helles Haus spart Stromkosten
Bestands- und Altbauten stehen so vielfach auf der Schattenseite. Für Neubauten jedoch regelt seit 2019 eine DIN-Norm den Tageslichteinfall. Sie schreibt neue Richtwerte zur ausreichenden Versorgung mit Tageslicht fest und geht deutlich über die bislang bestehenden Anforderungen hinaus. Ohnehin sind Tageslicht- und Fensterplanung ein wichtiger Entwurfsbestandteil in der Architektur geworden. Natürliche Helligkeit spart Strom für die Beleuchtung. Und das Wohnen hinter Glas senkt die Heizkosten, solange die Sonne scheint und wärmt.
Aber Gas ist nicht gleich Glas! Bruchsicherheit, Wärmeisolierung und Schalldämmung erlauben je nach Anforderung eine ganz gezielte Planung. Bei Schallschutzfenstern etwa werden unterschiedlich dicke Glasscheiben verbaut, da jede Glasstärke einen anderen Geräuschfrequenzbereich herausfiltert. Hinzu kommen elastische Schallschutzfolien, die im Glas verarbeitet werden. Und die Rahmen und Dichtungen sind besonders gegen den Lärm isoliert und verstärkt ausgebildet.
Optimale Versorgung: Mehr (Tages-)Licht!
Mit diesen einfachen Maßnahmen verbessern Sie die Tageslichtversorgung in den Innenräumen Ihres Hauses erheblich:
- hoher Lichttransmissionsgrad der Verglasung
- Lichteinfall von zwei Seiten
- deckenhohe Fenster ohne Sturz
- Fenster in Innenwänden oder Glastrennwände
- Oberlichter, größere Dachfenster
- gut reflektierende Oberflächen
Hohe Lichtdurchlässigkeit
Die heute im modernen Neubau übliche Dreifach-Wärmeschutzverglasung lässt oftmals nur noch 70 Prozent des Tageslichts durch. Abhilfe schaffen neuartige Gläser, die dank einer speziellen Beschichtungstechnologie gute Isoliereigenschaften mit hoher Lichtdurchlässigkeit verbinden. Auch Edelgasfüllungen in den Scheibenzwischenräumen spielen in puncto Wärmedurchlässigkeit eines Fensters eine wichtige Rolle. Jedenfalls sind heute große Glasflächen nicht mehr nur in Richtung Süden denkbar.
Wie viel Wärme aus dem Gebäudeinneren durch ein Fenster entweicht und wieviel Strahlungswärme der Sonne hereingelassen wird, ist mit der Beschaffenheit der Fenster natürlich nur begrenzt regulierbar. Besonders der Sonneneinfall im Sommer und die damit verbundene Erwärmung des Innenraums machen eine sorgfältig geplante Beschattung nötig, die zugleich im Winter passive Wärmegewinne durch die Sonne und damit geringere Heizkosten ermöglicht. Wichtig dabei: Wer ein Haus mit viel Glas plant, sollte bereits vorab an die Beschattung denken. Diese sollte schon die äußere Erwärmung des Fensters verhindern, also in jedem Fall außenliegend sein. Beispiele: Dachüberstände oder Außenjalousien.
Basiswissen: Glassorten am Bau
Beim Hausbau kommen hauptsächlich drei Arten von Glas vor. Sie unterscheiden sich in der Art, wie sie hergestellt werden. Gemeinsam ist ihnen: Glas entsteht durch Schmelzen seiner Bestandteile.
Floatglas
Bei seiner Herstellung fließt (daher die Bezeichnung „Float“) die Glasschmelze in einem Band über ein ebenfalls flüssiges Zinnbad und richtet sich dort völlig eben aus, bevor sie abkühlt. Danach wird das Floatglas zugeschnitten. Es ist dank seiner glatten, porenfreien Oberfläche und der guten Lichtdurchlässigkeit das wichtigste Glas beim Bauen.
Gussglas
Gussglas entsteht durch Walzen der Glasschmelze, die so zu einem Band geformt wird. Die Walzen können geprägt sein und so Ornamente auf das Glas bringen, bevor es geschnitten wird. Auch Drahtglas zählt zum Gussglas.
Pressglas
Im Pressglasverfahren werden zum Beispiel Glassteine hergestellt. Dabei wird die zähflüssige Glasmasse zu einem offenen Körper gepresst; geschlossene Glashohlkörper wie Glassteine bestehen aus zwei verschweißten Pressglashäften.
Das Fenster als Heizung
Dreifach verglaste Wärmeschutzfenster sind so konstruiert, dass sie die Strahlungswärme der Sonne hereinlassen, die Heizungswärme aber nicht hinaus.
Selbstreinigendes Glas
Für besonders hoch liegende oder schwer erreichbare Fensterflächen gibt es selbstreinigendes Glas. Diesen Effekt bewirken verschiedene Beschichtungen. Eine sorgt mit Nanotechnik dafür, dass Wasser vom Glas abperlt. Das lässt Fenster obendrein schneller trocknen. Eine solche hydrophobe Beschichtung hat jedoch den Nachteil, dass UV-Strahlung sie auf Dauer angreift und schädigt. Eine hydrophile Beschichtung bewirkt das Gegenteil und wird nicht von UV-Strahlung angegriffen: Sie sorgt dafür, dass Wasser einen dünnen Film auf der Glasfläche bildet, der durch Schwerkraft herabgleitet und dabei das Fenster reinigt. Sie lässt sich kombinieren mit einer weiteren Beschichtung, die mithilfe von Sonneneinstrahlung Verunreinigungen zersetzt. Die hydropile Beschichtung sorgt dann wiederum dafür, dass der Regen die aufgelösten Schmutzpartikel wegspült. Welche Beschichtung wo passt, hängt vor allem von der Fensterposition ab.
Ein reizvollerer Aspekt für ein Haus mit viel Glas dürfte allerdings die Inszenierung schöner Ausblicke sein – natürlich sofern vorhanden. Die sind sicherlich mehr Wert, also so manches Bild an der Wand. Umgekehrt gewähren Fenster natürlich auch Einblicke, die geschickte Planung wiederum verhindern sollte.
Der richtige Rahmen
Bei den Rahmen geht der Trend zum Filigranen und bei besonders anspruchsvollen Lösungen sogar zum fast Unsichtbaren. In diesem Fall werden die notwendigen Rahmenbreiten weitestgehend in Wänden, Boden und Decke versenkt. Bei den Rahmenmaterialien sind Holz, Kunststoff, Aluminium und Kombinationen davon üblich.
Aber auch im Inneren eines Hauses gibt es vielfältige und attraktive Einsatzmöglichkeiten für Glas. Attraktiv, weil sie Durchblicke oder gar Sichtachsen gestatten und Tageslicht bis in die innersten Winkel gelangen lassen. Tatsächlich muss heute kein Raum im Haus mehr ohne Tageslicht auskommen.
Auf breiter Front durchgesetzt haben sich Glaswände beispielsweise im Bad, wo sie die Dusche abteilen, ohne den Raum optisch einzuengen. Mehr und mehr setzen sich auch Treppengeländer, Absturzsicherungen und Brüstungen aus Glas durch. Seltener sieht man Treppenstufen oder gar Bodenöffnungen aus Glas. Letztere können beispielsweise den Blick von der Küche in den Weinkeller gestatten.
Ist nicht der Durchblick, sondern nur Lichtdurchlass gewünscht, kommt satiniertes oder Ornamentglas zum Einsatz. Satiniertes Glas besteht aus Klarglas, das mit Säure geätzt, mit Sandstrahltechnik oder Siebdruck behandelt wird. Auch Glassteine ermöglichen fast klare Raumtrennungen, aber ornamentiert oder satiniert auch mehr oder weniger diskreten Sichtschutz.
Schaltbares Glas
Eine kostspielige, jedoch überaus elegante Lösung ist blickdicht schaltbares Glas. Es wird dank einer eingelassenen Flüssigkristallfolie undurchsichtig, wenn der Stromkreis per Knopfdruck unterbrochen wird. Fließt der Strom mit dem nächsten Knopfdruck wieder, wird das Glas wieder klar.
Je nach Einsatzart ist Einscheiben- oder Verbundsicherheitsglas, abgekürzt ESG und VSG, erforderlich. Einscheibensicherheitsglas zersplittert beim Brechen nicht, sondern zerfällt in nicht scharfkantige Glasstückchen. Verbundsicherheitsglas, das auch begehbar ist, besteht aus mehreren miteinander mittels einer reißfesten Kunststofffolie verklebten Flachglasschichten. Diese Folie kann klar sein, aber auch farbig oder mattiert. Dann wäre das Glas zwar lichtdurchlässig, aber blickdicht.