Grundriss und Pläne fürs Haus lesen und verstehen

Probewohnen im Kopf

Grundriss und Pläne fürs Haus lesen und verstehen ist wichtig. Denn in Linien und Zahlen stecken mehr Informationen über ihr neues Zuhause, als Bauherren ahnen. Den Bauplatz optimal nutzen, die Sonne ins Haus holen, Probewohnen im Kopf – alles ein Kinderspiel, wenn man die Geheimcodes der Grundrisse kennt.

1. Der B-Plan-Code: Bebauungspläne entziffern und verstehen

Er ist das wichtigste Dokument für Grundstückskäufer und Hausbauer: Ein Bebauungsplan (oder B-Plan) regelt, was, wie und wo auf einem Grundstück gebaut werden darf. Stadtvilla oder Blockhaus, Flachdach oder Biberschwanz, Anzahl der Geschosse, Größe der Grundfläche – dies und noch viel mehr kann der Masterplan der Baubehörden vorschreiben. Betonung auf „kann“. Manche Gemeinde gefällt sich in kleinkarierter Regelungswut, andere lassen Vielfalt zu und gewähren Bauherren individuelle Stile. Allen B-Plänen gemeinsam ist: Was erst einmal drin steht, ist Gesetz. Zwar können Ausnahmen und Abweichungen auf Antrag genehmigt werden, aber erwarten Sie keine Wunder! Der Spielraum der Behörden ist eng.

Für Neubaugebiete existiert in 99 Prozent aller Fälle ein gültiger Bebauungsplan. Aber es geht auch ohne: Bei Lückengrundstücken oder Einzel-Flächen am Ortsrand fehlt oft die Bauvorschrift. Dann kann der Eigentümer theoretisch bauen, wie er will. Solange er sich an die ortsüblichen Abstandsregeln hält und den Leitsatz des Baugesetzbuchs (§34) befolgt, dass sich der Bau „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.“ Und hier wachsen nun die Spielräume in den Himmel.

„Fuck you, Bebauungsplan!“, unter dieser Überschrift machen sich denn auch verärgerte Häuslebauer im Netz Luft. Ein „Instrument der Bevormundung“ seien die Regelwerke – mit dem Ziel langweilige Monotonie in unseren Vorstädten zu schaffen. Stein des Anstoßes ist dabei immer wieder die Dachform: Die Deutschen lieben das Bauhaus und wollen in großer Zahl mit Flachdach bauen – was die allermeisten B-Pläne nicht zulassen. Die Norm auf dem Land sind Satteldächer, oftmals mit exakt definiertem Neigungswinkel. Und mancherorts gar mit vorgeschriebenem Farbton der Ziegel.

1. Der B-Plan – Freund und Helfer

Einsehen kann man jeden B-Plan bei der Gemeindeverwaltung, beim Bauordnungs- oder Stadtplanungsamt. Die Dokumente bestehen aus einem beschreibenden Textteil und einem oder mehreren Plänen. Vor jedem Grundstückskauf ist ein Blick in den B-Plan Pflicht. Denn er bestimmt nicht nur die künftigen eigenen vier Wände, sondern definiert ebenso die Nachbarschaft. Wo Einfamilienhäuser vorgeschrieben sind, wird sicher niemals ein Mehrfamilienhaus nebenan die Sonne verdunkeln. Maßhalten bedeutet Verzicht auf eigene Individualität – aber auch Schutz vor den Spleens der Nachbarn. Und am Ende hat der Bebauungsplan auch sein Gutes: Er gibt einem auch das Recht, so zu bauen, wie es darin vorgesehen ist. Kein Bürgermeister, keine Bürgerinitiative und schon gar keine Baubehörde kann einem dieses Recht verwehren.

Bauherrenworkshop_Teil_3_Bebauungsplan lesen
(Infografik: Walter Dreher, Bild-Quelle: Gemeinde Baindt, Baden-Württemberg)

2. Die Raumplanung: Grundrisse lesen – und optimieren

Der Grundriss ist bei Massiv- wie Fertighäusern Teil des Vertragsangebots, das Kunden am Ende der Vorplanung unterschreiben. Zusammen mit der Baubeschreibung bildet er die Grundlage des Bauantrags, den das Bauamt genehmigen soll. Beim Haus bauen ist der Grundriss verbindlicher Leitfaden für die Bemusterung ebenso wie für die Ausschreibung einzelner Gewerke vom Fundamentgießer bis zum Fliesenleger oder Fensterbauer. Wer hier also zu lässig ans Werk geht, kann später nur noch für teures Geld korrigieren, wenn überhaupt. Andererseits: Wer weiß, wie man einen Grundriss richtig liest, kann auch bei vorgegebenen Grundrissen fast alles ändern, den Haus-Grundriss planen und an seine Wünsche und Bedürfnisse anpassen.

Stellen Sie sich einen Marmorkuchen vor, in einer Kastenform gebacken. Schneiden Sie ihn auf halber Höhe horizontal durch, nehmen sie die ober Hälfte ab – eh voilà: ein Grundriss in Schoko und Vanille. Genau so verhält es sich nämlich auch bei einem Haus: Jede Etage wird etwa auf halber Höhe durchgeschnitten – und was man dann von oben betrachtet sieht, das ist der Grundriss. Er zeigt also nicht die Zustände auf Fußbodenniveau sondern grob gesagt auf Brusthöhe. Nur so sind Fensternischen, Brüstungen oder Möblierung erkennbar.

Wichtig: Alles, was darüber liegt, sehen Sie nicht. Das können zum Beispiel direkt unter der Decke angebrachte Auslässe für die automatische Belüftung sein oder hervorstehende Unterzüge in der Deckenkonstruktion etc.

Das Maß der Dinge

Für das Bauamt werden Grundrisse normalerweise im Maßstab 1:100 gezeichnet. Das bedeutet: Ein Zentimeter auf dem Plan entspricht einem Meter in der Wirklichkeit. Was deutlich praktischer ist als der ebenfalls gebräuchliche Maßstab 1:75. Er erfordert umständliches Umrechnen. Das strengt schnell an und macht unsicher. Lassen Sie sich Ihre Hauspläne also nach Möglichkeit immer im Format 1:100 geben!

Seine ganze Stärke spielt der Hunderter-Maßstab beim virtuellen Einrichten des künftigen Hauses aus. Probewohnen im Kopf wird kinderleicht, wenn Sie Ihre Möbel ausmessen und im verkleinerten Maßstab in den Haus-Grundriss einzeichnen. Dabei erkennen Sie unter Umständen, dass das vom Hausanbieter oder Architekten hübsch platzierte Sofa ein Zweisitzer ist – und Ihr Lieblings-Dreisitzer möglicherweise gar nicht in die geplante Wandnische passt.

Lassen Sie sich nicht blenden!

Überhaupt: Lassen Sie sich nicht blenden von den liebevoll mit Möbeln, Küchen und Badkeramiken aufgehübschten Grundrissen. Sie signalisieren Perfektion, wo in Wirklichkeit noch jede Menge Spielraum für Anpassungen gegeben ist. Die nahtlos in den Grundriss eingezeichnete Küchenzeile mag vollkommen wirken. Aber passen auch all Ihre Küchengeräte rein? Genügt die Arbeitsfläche für Ihre Koch ansprüche? Und wo findet die Design-Espressomaschine ausreichend Platz, ohne zu stören?

Auch diesen Trick sollten Sie kennen: Gerne werden Möbel einfach kleiner gezeichnet, damit der Raum größer wirkt. Nachmessen hilft.

Seien Sie pedantisch. Schneiden Sie bestenfalls Ihr Bett, Ihren Esstisch, den geerbten Schrank von Tante Ruth aus Millimeterpapier aus. Legen Sie alles auf den Grundriss. Und achten Sie darauf, dass vor und neben der Einrichtung noch genügend Platz zum Gehen, Spielen oder Tanzen bleibt – je nach Gusto und Familiensituation.

Was nicht passt, wird …

Sie wollen Ihr Haus einen Meter breiter, das Wohnzimmer größer, die Küche abgeschlossen, das Gäste-WC mit Dusche … Machen Sie es doch! Wände lassen sich jetzt noch mit einem Bleistiftstrich verschieben. Bei Massivhäusern müssen Sie darauf achten, dass tragende Wände (24 oder 17,5 cm stark) fix bleiben sollten. Und nach Möglichkeit im Erd- und Obergeschoss übereinander liegen. Holzfertighäuser dagegen kommen im Inneren meist ohne Tragwand aus. Trennwände zwischen Zimmern haben vielfach eine Stärke von 14,5 cm und können beliebig platziert oder ganz weggelassen werden. Denken Sie dabei auch an später: Manche Wand soll vielleicht eines Tages wieder entfernt werden; also planen Sie hier eine flexible Trockenbauwand und durchgehenden Fußbodenbelag ein.

Und wenn Sie schon gerade bei der Raumplanung sind: Bedenken Sie, dass Wände Platz brauchen. Man unterscheidet deshalb zwischen Grundfläche und Wohnfläche. Die Grundfläche ist die Fläche, mit der ein Gebäude den Boden berührt. Die Wohnfläche dagegen ist deutlich kleiner, nämlich Grundfläche minus Mauerwerk. Im Fertigbau sind die Außenwände schlanker als beim Massivbau, es bleibt also mehr Wohnfläche übrig.

Hol die Sonne auf den Plan!

Zu jedem Grundriss gehört ein Kompass oder Nordpfeil. Er zeigt die Himmelsrichtungen an und damit auch den Lauf der Sonne um das Haus. Ideal ist es, wenn die Innenräume sich an der Sonne orientieren – Schlafzimmer im Osten für Morgenlicht, Wohn- und Essbereich im Süden oder Südwesten, von wo Licht und Wärme durch die großzügige Verglasung einfallen können. Die direkt zugängliche Grillterrasse im Westen für laue Sommerabende; Abstellkammer, Flur und eventuell auch die Küche dagegen nach Norden gerichtet, wenn die Räume kühl sein dürfen und wenig Licht benötigen.

Man plant also von innen nach außen. Fragen Sie sich, was Sie sehen wollen, wenn Sie aus den Fenstern schauen? Beim Aufwachen in die Sonne blinzeln? Dann Schlafzimmer im Osten. Lieber mit Abendsonne einschlafen? Dann Schlafzimmer im Westen. Beim Kochen die Kinder im Blick haben? Dann das Küchenfenster zum Garten hin ausrichten. Beim Schreiben und Telefonieren in die Ferne schweifen? Dann das Arbeitszimmer ins Obergeschoss verlegen und die schönste Sichtachse aussuchen.

Bauherrenworkshop_Teil_3_Planen von innen nach aussen
(Infografik: Walter Dreher, Grundriss: dornhausbau.de)

Als hilfreich erweist sich, wenn Sie den Sonnenverlauf um Ihren Grundriss herum  einzeichnen. Wenn jetzt die Lage der Zimmer nicht passt – vielleicht kann das Haus gedreht werden. Oder Sie ordnen die Räume neu an, bis sie zu Ihrem Tagesablauf und den bevorzugten Blickachsen passen. Nebenbei liefert eine kluge Sonnenausrichtung auch eine günstige Wärmeausbeute und hilft so gerade im Winter, Energiekosten zu sparen.

Geschosshöhen

Damit einem zuhause nicht sprichwörtlich ‚die Decke auf den Kopf fällt‘, lohnt sich ein  Blick auf die Geschosshöhen. Nicht im Grundriss, sondern in der Schnittzeichnung eingetragen ist die spätere Höhe Ihrer Räume. Als Standard gelten heute Raumhöhen von 2,50 m – je nach Bodenaufbau und -belag kann die Höhe um einige Zentimeter variieren.
Im Plan steht dann meist die Rohbauhöhe, das „Maurermaß“ von 2,635 m. Das entspricht nach alter Schule 10 Ziegelreihen. Wer sich 11 Ziegelreihen leisten will, kommt auf ein Rohmaß von 2,95 m. Nach dem Einbau von Fußbodenheizung und Bodenbelägen bleiben davon innen rund 2,75 m lichte Raumhöhe übrig.

Diese Maße gelten übrigens auch bei Fertighäusern. Wichtig bei der Planung: Je offener der Grundriss, umso höher sollte die Decke sein. Kleine Räume vertragen auch niedrige
Raumhöhen.

Türen und Fenster

Gerade bei höheren Decken sollten Sie auch die Höhe von Türen und Fenstern anpassen. Heben Sie das Standardmaß (2,01 m) auf 2,12 bzw. 2,20 m an. Für einen harmonischen Gesamteindruck wird auch die Oberkante der Fenster entsprechend angehoben. Ihre ganze Aufmerksamkeit sollte jedoch den Breiten gelten! Türen messen gewöhnlich 80 cm (Rohmaß im Grundriss: 88,5 cm). Um vieles eleganter und nebenbei rollstuhlgerecht ist ein Innenmaß von 90 cm (Rohmaß: 101 cm). Steigern lässt sich die Eleganz noch mit Schiebetüren, die unsichtbar in der Wand verschwinden. Sie können als flexible Raumteiler fungieren und sparen grundsätzlich Platz im Vergleich mit Drehtüren. Kosten allerdings auch etwas mehr.

‚Probewohnen im Kopf ‘ bedeutet auch: Gehen Sie in Gedanken durch jede Tür. Und prüfen Sie, ob Ihnen die im Grundriss eingezeichnete Öffnungsrichtung behagt. Wenn
nicht, drehen Sie sie um. Bringt auch das nichts: Schiebetür! Klassische Fenster erkennen Sie im Grundriss an der durchgezogenen Linie auf der Innenseite der Wände. Diese in der Regel vierte Linie markiert die Brüstung.

Eine Nische mit nur drei Linien dagegen ist eine Terrassentür – oder ein bodentiefes Fenster. Die Baunormen zum Gesundheitsschutz verlangen eine Mindestgröße für Fenster, nämlich nicht weniger als 10 % oder je nach Bundesland 12 % der Raumfläche. Ein 20-m2-Zimmer muss also mindestens 2 m2 Fensterfläche haben. Dabei zählt das Rohbaumaß, nicht die eigentliche Glasfläche. Doch dieses Minimum überschreiten moderne Häuser locker. Für die meisten Hausbauer können die Fensterfronten gar nicht breit genug sein!

Sollte Ihnen also ein Fenster zu klein erscheinen – machen Sie es größer! Das geht allerdings nur in bestimmten Schritten. Und zwar immer 12,5 cm breiter. Das ist der hierzulande übliche Standard. Es kann aber durchaus sein, dass einzelne Hausanbieter auch kleinere Schritte erlauben. Grundsätzlich lässt sich natürlich mit Sonderanfertigungen jede Höhe und Breite realisieren. Aber genauso natürlich haben solche Extrawünsche ihren Preis.

Wie groß Ihre Fenster genau sind, steht übrigens ebenfalls im Grundriss: entweder direkt am Fenster in der Form „Breite x Höhe“ – oder auf der Maßlinie am Rand. Hier nennt die Zahl über der Linie die Breite; die Zahl unter der Linie bezeichnet die Höhe.

Bauherrenworkshop_Teil_3_Lesehilfe Fenster
(Infografik: Walter Dreher, Grundriss: dornhausbau.de)

Treppauf, treppab?

Regelmäßig stolpern Neu-Bauherren über die Frage: Und wohin führt jetzt die Treppe – hoch oder runter? Ein für allemal: Der Punkt markiert den Fuß der Treppe, der Pfeil zeigt auf das obere Ende. Merke: Im Grundriss führen alle Treppen nach oben! Kritisch ist im Übrigen die Breite: 90 cm sind absolutes Minimum; spätestens wenn Sie ein Möbelstück oder Kartons ins Obergeschoss tragen müssen, freuen Sie sich über 1 Meter Breite. Zehn Zentimeter mehr, und sie gehen in Richtung Showtreppe. Very nice to have!

Grundrisse und Häuserpläne selber zeichnen

Sie wollen den Grundriss eines Hausanbieters verändern, optimieren, Ihren Wünschen anpassen? Dann ist Handarbeit die beste Wahl. Alles, was Sie dafür brauchen, ist ein möglichst harter Bleistift (für exakte, dünne Linien) ein Geodreieck und Millimeterpapier. Pausen Sie die Teile, die bleiben sollen, durch, und ergänzen Sie den Rest Ihres Traumhaus nach Gusto.

Sie wollen Ihr Haus planen und den Grundriss selbst entwerfen? Dann sind sind kostenlose Grundriss-Programme eine Alternative. Mit den meisten kommen auch Anfänger klar. Empfohlen wird häufig Sweet Home 3D. Wie der Name sagt, lassen Sich Grundrisse zum Haus planen nach dem Entwurf in 3D-Ansicht darstellen. Ebenfalls viel gelobt: meinHausplaner mit diversen Vorlagen, die die ersten Schritte erleichtern. Oder SketchUp mit Plänen für Häuser für Planer, die sich mit Grafik-Programmen schon etwas auskennen.

Greenhorns und Fortgeschrittene profitieren beim Planen gleichermaßen von einem möglichst großen Bildschirm (ab 27 Zoll) mit hoher Auflösung: 3.840 Pixel in der Breite, weniger sollten es nicht sein. Gute und günstige Modelle gibt es schon deutlich unter 500 Euro.

Weitere der Serie Bauherrenworkshop finden Sie in mein schönes zuhause.
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