Kommunale Gebühren: Anliegergebühren

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Anlieger haben ein Anliegen

Gemeinden haben ein natürliches, ihre Einnahmen zu mehren. Oft werden Eigenheimbesitzer für bauliche Maßnahmen aller Art zur Kasse gebeten.

Familie Becker wohnt fast ein Jahr in ihrem neuen Eigenheim, als sie einen Gebührenbescheid in Höhe von 12.000 Euro von der Gemeinde erhält, zahlbar innerhalb eines Monats. Grund für die Kostenerhebung: Die Anliegerstraße ist erneuert worden, dazu neue Gehwege und Stützmauern errichtet, Gewächse gepflanzt sowie die Straßenbeleuchtung komplettiert. Fassungslos sehen sich die Eheleute an. „Müssen wir das wirklich zahlen?!“

Sie müssen, um die anteilig erhobenen Anliegerkosten kommen sie nicht herum. Familie Becker wundert sich, kaufte sie doch ihr Grundstück „voll erschlossen”. Doch maßgeblich sind die Beschlüsse der Gemeinde.

Gebühren anteilig erhoben

„Die Gemeinden können Erschließungsbeiträge erheben, um die Kosten, die für die Erschließung von Grundstücken anfallen, zu decken (zum Beispiel für den Ausbau öffentlicher Straßen, Wege und Plätze, Parkflächen, Grünanlagen, Kinderspielplätze). Diese Kosten müssen zumindest teilweise von den Grundstückseigentümern übernommen werden.“ So stellvertretend der Wortlaut auf dem Serviceportal Baden-Württemberg.

Die Berechnung dieser Gebühr hängt zum einen von der Grundstücksgröße ab. Je größer die straßenseitige Grenze, desto kräftiger wird man zur Kasse gebeten. Besitzer von Eckgrundstücken sind hier unter Umständen besonders betroffen, weil sie an zwei Straßen Anlieger sind. Auch die Art der Bebauung (Anzahl der Vollgeschosse) kann sich auf den Gebührenbescheid auswirken. Je nach Art der Straße kann die Gemeinde bis 75 Prozent der Straßenausbaukosten anteilig an die Anlieger weitergeben, bei anderen Baumaßnahmen sogar bis zu 90 Prozent.

Kulanz bei besonderer Härte

Ein Rettungsanker für Beckers könnte die „besondere Härte“ sein, die ihnen durch die Begleichung der hohen Rechnung entstünde. Gerade ist das dritte Kind zur Welt gekommen. Frau Becker wird die nächsten zwei Jahre nicht arbeiten. Bei der Baufinanzierung ist das bereits berücksichtigt worden, doch mit den außerordentlichen Kosten durch die Gemeinde haben sie nicht gerechnet. Besteht diese auf den Anliegergebühren, müssten sie unter Umständen das Haus wieder verkaufen, weil keine Reserven oder begüterten Verwandten zur Stelle sind.

Beckers glauben an das Gute in ihrer Gemeinde und beschließen, den Erlass der Forderung oder wenigstens eine Ratenzahlung zu beantragen. Sie berufen sich dabei auf §135 des Baugesetzbuches, der solche Erleichterungen „zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall“ vorsieht. Und siehe da: Die Gemeinde erlässt der Familie 1.200 Euro (10%) und lässt für die verbleibenden 10.800 Euro Ratenzahlung ohne Verzinsung über einen Zeitraum von 48 Monaten zu. Die 225 Euro mehr im Monat können Beckers zum Glück verkraften.

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